Doch beginnen möchten wir mit dem naheliegenden: Grado, der Stadt, die nur durch einen schmalen Streifen mit dem Festland verbunden ist. Der Stadt zu Füßen liegen mehr als vier Kilometer lange und ausnehmend breite Sandstrände. Die Badenden gelangen über diese samtweichen goldbraunen Sandflächen sachte in die Adria. Hinter der Stadt wiederum breitet sich die Lagune mit den dalbenbegrenzten Wasserwegen und den Marinas aus. Ja, Grado ist fast wie eine Insel, die Sonne lacht über der Stadt und nicht zu Unrecht wird sie hier die „Sonneninsel“ genannt.
Früher war Grado nur ein kleiner Ort am Hafen, der Hafen die für die bedeutende Stadt Aquileia. Erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts erlebte das damals österreichische (1815-1914) Grado mit der Eröffnung des Ospizio Marino (1872) und der ersten Badeanstalt (1890) einen ungeahnten Aufschwung als Seebad der österreichischen Aristokratie.
So schwingen auch wir uns auf und gehen zum ersten Mal auf unserer langen Adriareise wie die alten Aristokraten an einem Sandstrand baden.
„Wir haben es uns verdient!“ verkündet Claudia und hat mit diesem Spruch schon fast einen genialen Marketing-Spruch für das Reisegewerbe gelandet. Findet Ihr nicht auch?
Am Sonntag pilgern wir morgens nach Barbana. Barbana ist eine kleine Insel in der Lagune von Grado. Von Weitem schon ist sie in der Lagune von Grado an dem hohen Turm auszumachen. Wir fahren mit dem Linienschiff vom Canale della Schiussa (zwischen Grado und der Stadtinsel Isola della Schiusa) zu dieser Wallfahrtsinsel hinüber. Heute ist das weiße Schiff besonders voll mit Menschen: auf Babana findet eine Marien-Prozession statt. Nach kurzer Überfahrt haben wir die Insel der heiligen Jungfrau erreicht. Die Insel wird heute ungewohnter Weise noch voll von Pilgerern.
Viele Menschen möchten an der Prozession auf Barbana teilnehmen,
An „normalen“ Tagen wird die kleine Insel in der Lagune von vielen Menschen als Ort der Besinnlichkeit genutzt. Unter mächtigen Erlenbäumen stehen viele Bänke, auf denen dann Leute sitzen und sich die Ruhe der Insel einverleiben oder auch Leseratten, die mit einem Schmöker in der Hand auf einer Bank hocken und sich ungestört den schwarz-auf-weißen Geschichten hingeben.
„Ich habe mich in den letzten Tagen verliebt.“ eröffnet mir Claudia mit ihrer Kaffeetasse in der Hand.
Nun, umgehauen hat mich dieses Geständnis nicht, waren wir doch mehr als nur die letzten Tage fast ununterbrochen zusammen. Und ich passe ja schließlich auf.
„… verliebt in Grado“ schiebt sie jetzt hinterher. Nicht ohne sich ein klein wenig Enttäuschung wegen meiner fehlenden Eifersucht anmerken zu lassen. Mein Lächeln sagt ihr dann allerdings, dass ich keinen Augenblick daran gezweifelt habe, dass sie Grado meint. Denn diese Liebe habe ich längst bemerkt. Auch an mir.
![]() |
![]() |