Das hölzerne Boot schwebt an zwei starken Bändern über dem Wasser an der Segelschule. Senor Araldi schwenkt den Arm des Krans und lässt das Leihboot in das Wasser.
Endlich. Endlich werden wir wieder mit einem Boot fahren. Das Boot ist fünf Meter dreißig lang und hat einen Außenborder. Für diesen Tag leihen wir uns dieses Boot aus und werden damit die Lagune von Grado durchsausen. Schnell erklärt Senor Araldi die Funktionsweise des Honda-Außenborders und los geht’s. Zwischen den Dalben entlang entschwinden wir auf die andere Seite des Kanals, wo wir uns die beiden hölzernen Schiffsgerippe näher betrachten. Diese ehemaligen Segelschiffe sind an dieser Sandbank versenkt worden, als sie in den Fünfzigern nicht mehr benötigt wurden. Versenkt ist wohl nicht das richtige Wort. Eher aufs Trockene gesetzt, denn die Stelle ist sehr flach. Im Winter verlieren die Schiffsgerippe immer mal wieder etwas von ihren letzten aufragenden Knochen. Fischer beheizen mit dem Holz ihre Hütten. Ganz nah heran trauen wir uns nicht mit unserem flachen Kahn. Nach unbeabsichtigten Aufsetzen des Bootes sollen wir nicht mit den Beinen in das Wasser steigen, belehrte uns der Leiter der Segelschule. Einer Austernzucht, welche vor Jahren von Japanern hier in der Lagune angelegt wurde, sind einige ihrer Exemplare entwischt und diese pflanzen sich nun unkontrolliert und mit Erfolg in der Lagune fort. Und diese Austern lassen eine Zehe so schnell nicht wieder los, wenn sie erst mal eine zu fassen bekommen.
Dann lenken wir unser wendiges Gefährt in Richtung Lignano. Zumindest ist das so an den Verkehrsschildern der Wasserstraßen ausgeschildert. Wegen dieser Beschilderung meint man, auf einer richtigen Straße zu sein. Und im Grunde ist es auch eine richtige Straße, denn viele der Inselbewohner hier in der Lagune kommen nur über diese Wege nach Hause oder von dort wieder weg.
Unterwegs begegnen uns einige Motorboote. Wegen ihres größeren Tiefgangs sind herumschippernde Segelboote in der Lagune die Ausnahme. An einem Dalben machen wir unser Boot einfach mal fest (darf man dass?), legen eine gemütliche Lesestunde ein und springen zwischendurch immer wieder ins Wasser.
Die Sitzplätze auf den Dalben sind sehr begehrt. | Hinweisschilder wie im Straßenverkehr = Navigieren wie ein Autofahrer |
Uns ist der Menschenrummel in der biergartenähnlichen Gaststätte zu viel, also fahren wir nach einem kurzen erneuten Badestopp wieder fort. Hier in der Lagune sehen wir auch die erste und einzige Qualle überhaupt in diesem Auszeit-Urlaub. Sie schwimmt gemütlich an der Oberfläche. Als ich die Filmkamera zücke, sind wir schon vorbei und das Tier besteht auf das Recht an ihrem eigenen Bild und lässt sich beim Zurückfahren und Suchen nicht mehr an der Oberfläche blicken.
Bis abends um acht durchstreift unser typisches Inselboot mit uns an Bord die Lagune. Wir probieren auch mal die andere Seite der Lagune und lassen unseren Außenborder das Boot nach Barbana und dann weiter Richtung Triest motoren. Es macht unheimlich Spaß, zwischen Röhricht, kleinen Inseln und den charakteristischen Casoni (Fischerhütten) umherzuschippern. Die Lagune ist eine melancholische Wasserwelt zwischen Land und Meer. So wie wir inzwischen auch manchmal sind, wenn wir jetzt immer häufiger an die vielen schönen Stationen unseres Segelsommers zurückdenken.
Dieser Tag wird für Claudia trotz aller anderen auch sehr erlebnisreichen Tagen hier in Grado und auch trotz der schönen Abstecher nach Slowenien der schönste Tag in den letzten drei Wochen.