22. November 2023

November 2023, Nr. 1

Herbsttag – Gedicht zum Nachdenken

Der typische Gedichte-Leser und -Interpretierer bin ich nicht. Doch Rilkes Herbsttag lief mir schon immer mal wieder über den Weg und ließ mich jedes Mal beeindruckt zurück. Besonders seine Zeilen: «Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr» stimmten mich schon immer schmerzlich, ja bedrückend.

Im Netz gibt es reihenweise vorgedachte Interpretationen zu diesen Versen. Heute fand ich eine, die Dushan Wegner gestern verfasste und die mich sehr nachdenklich zurückließ. Er münzte Rilkes Verszeilen aus dem Jahre 1902 auf unsere aktuelle Zeit mit ihren umwälzenden Geschehnissen um. Ich verlinke euch seine scharfen Gedankengänge hier: Letzte Sommertage – Wie lange noch?.

Herbsttag
(Rainer Maria Rilke, 1875-1926)
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.


Bleibt in der Liebe,
haltet zueinander und pflegt eure Kontakte!

Und: passt gut auf euch auf!
Eure Thomas und Claudia







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