03. Juli 2009

Ein alter Plastiksack in der Schiffsschraube

Endlich befinden wir uns mit Cleo wieder auf dem Meer und steuern in Richtung der Insel Korčula. Dabei befahren wir den Neretvanski Kanal zwischen Hvar und der Halbinsel Pelješac. Gerade unterhalte ich mich mit Claudia über die vielen Plastikabfälle wie Einkaufstüten, alte Flaschen, leere Sonnenölbehältnisse und so allerlei Undefinierbares, die hier ihren offenbar unnütz gewordenen Corpus sanft vom Meer wiegen lassen, als kurz darauf ein ordentlicher Bums durchs Boot zittert. Der Motor stottert, er möchte fast ausgehen. Claudia reagiert und zieht erschrocken den Gashebel in den Leerlauf. Das verhilft unserem Motor wieder zur gleichmäßigen Fortsetzung seiner brummenden Arbeit. Und es erleichtert unsere eben aufkommende Sorge um den Eisenkamerad ein wenig. Ihm persönlich geht es offenbar gut. Doch eine seiner engsten Mitarbeiterinnen, die Schiffsschraube, läuft unrund. Im Rückwärtsgang klingt es beinahe beängstigend, so als bekomme die Schraube und das Boot kräftige Schläge von unten aus der Tiefe.

Die Plastiktüte aus der Schiffsschraube

Stolz auf meinen Fang: keine Qualle, nein. Sondern die Plastiktüte aus der Schiffsschraube

Der Neretvanski Kanal, in dem wir uns gerade befinden, misst an dieser Stelle etwa fünf Seemeilen Breite und wir dümpeln nun beidseitig weit genug entfernt von den Inseln. Somit müssen wir nicht befürchten, gegen Klippen getrieben zu werden und ich kann in aller Ruhe tun, was getan werden muss: Badeleiter anbringen, Taucherbrille herauskramen und nach unten, ins tiefe Dunkle unter uns abtauchen. Unter dem Boot finde ich einen alten, aber stabilen Plastiksack, der unsere Schraube eng umschlungen hält. ‚Na, dir werde ich helfen!‘ und lasse mir von Claudia das kleine Küchenmesser herunterreichen. Der alte Sack hält unsere Schraube jedoch schon viel zu fest umschlungen, das kleine Messer kitzelt ihn bestenfalls ein wenig bei seiner Umklammerung. „Das große Brotmesser!“ rufe ich und mache dem alten Sack damit innerhalb von zehn Minuten den Garaus. Er wird aus dem Wasser geholt: „Der vergreift sich an keiner Schraube mehr!“ ist unser einstimmiger Beschluss.

Liebe Leser, von solch ungemütlichen Dingen wollte ich in unserem Törnbericht ursprünglich gar nicht berichten. Deswegen entschuldigt bitte diese nicht so positive Sache. Um das ein wenig gut zu machen, möchte ich nachträglich wenigstens der Überschrift einen anderen Wortlaut geben. Von wegen der positiven Assoziationen . Also jetzt nicht mehr „Ein alter Plastiksack …“ sondern: Wie ich ein erfrischendes Bad nahm. OK?

Kurz darauf, Cleo hat ihre Fahrt wieder aufgenommen, fragt mich Claudia: „Was für eine Zeit haben wir?“

„13:45 Uhr“ ist meine präzise Antwort.

„Nein, welche Zeit ist das?“

„Hä?“

„Na Kaffeezeit!“

Und noch irgend etwas Anderes will mir Claudia begreiflich machen, das kann ich ganz deutlich an ihrem Blick erkennen. Ich errate ihre wortlose Anweisung an mich schließlich und tauche wiederum ab nach unten, ins Dunkle. Nur diesmal ist es nicht das Meer, sondern unsere Kombüse, wo ich das Kaffeewasser aufstelle …