20. Januar 2025

Das Flaschenteufelchen

Robert L. Stevenson (1850 – 1894)

… und andere Südseegeschichten

Die drei Südseeerzählungen dieses schönen Bandes entstanden in den Jahren 1891, 1892,1893 und wurden von Stevenson zuerst jeweils einzeln veröffentlicht, im Jahre 1893 dann alle drei zusammen im Buch Inselnächte. Das mir hier vorliegende Buch trägt den Titel Das Flaschenteufelchen, doch beeinhaltet es genau diese drei Geschichten aus Inselnächte: Das Flaschenteufelchen, Die Insel der Stimmen und Der Strand von Falesa.

Das Buch wurde 1956 in der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München – Zürich veröffentlicht. Es ist als Jugendbuch konzipiert, d.h. Innen mit zahlreichen Strichzeichnungen illustriert und zudem mit weiteren vier ganzseitigen Farbillustrationen von Kurt Tessmann. Aus diesem Grund legte ich mir das Buch aus einem Antiquariat zu, obwohl ich die Geschichten schon kannte bzw. sie mir auch bereits in einem anderen Buch vorlagen. Die Übersetzung wurde von Lotte Stuart vorgenommen.

  • Das Flaschenteufelchen

    Eine interessante, auch gewitzte Geschichte, die sich Stevenson da ausgedacht hat. Obwohl – ganz so neu ist sie nicht, denn es geht um ein Motiv des Pakts mit dem Teufel (z.B. auch in Goethes Faust), der Stevenson-typisch in der Inselwelt der Südsee stattfindet. Das Teufelchen, in einer Flasche wie bei Tausendundeiner Nacht, ist Wunscherfüller. Doch stirbt man als Besitzer der Flasche, so brät man bis in alle Ewigkeit in der Hölle. Man muss die Flasche also rechtzeitig verkaufen, aber auf jeden Fall in bar und unter dem Preis, dem man selbst dafür bezahlt hatte. Andernfalls kehrt die Flasche immer wieder zu einem selbst zurück.

    Daraus ergeben sich interessante Konstellation, wie man sich vielleicht denken kann. R.L.Stevenson hat dies spannend verpackt, ich fragte mich ständig, wie die Geschichte denn weitergeht bzw. wie sie endet. Und ich fragte mich ebenfalls: wie würde ich selbst bei einem Angebot für solch eine Flasche handeln. Würde ich zugreifen?

    Gegen Ende der Story kommt sogar noch eine Art Romeo-und-Julia-Thema dazu.

    Nebenbei: mir fiel dazu sofort ein tatsächlich existierendes Beispiel für solch einen Teufelspakt ein: Optionsscheine an den Börsen, am besten noch mit Knock-Out-Feature. Brrr. Finger weg! (An der Börse hoffen die Marktteilnehmer letztlich auch des Öfteren, am Ende noch einen “Dümmeren” zu finden. – Genau wie beim Flaschenteufelchen.)

  • Das Eiland der Stimmen

    Die Geschichte hat mich nicht bewegt und auch nicht sehr unterhalten. Ich vermute, die Story hat Stevenson irgendwo im Pazifik als Südseemärchen aufgeschnappt und in seinem Stil verarbeitet. So richtig wußte ich nach der Lektüre jedoch nicht, was mir der Dichter damit sagen wollte …

  • Der Strand von Falesa

    Ein britischer Koprahändler kommt auf den fiktiven südseeianischen Inselort Falesa, heiratet dort eine Einheimische. Die Braut, Uma, ist sehr stolz und glücklich darüber. Sie kann nicht lesen und weiß nicht, dass der Ehevertrag eine Farce ist, in dem steht, dass es dem Eheman gestattet ist, sie in die Hölle zu schicken, wann immer es ihm beliebt. Der frisch “vermählte” Koprahändler ist ebenfalls erstaunt über diese Praxis, vollzieht im Nachgang jedoch noch eine richtige Trauung mit einem Priester.

    Stevenson stellt hier das Verhältnis zwischen den eingewanderten Europäern und den Eingeborenen dar, die im Allgemeinen von den Zuwanderern nicht für voll genommen werden. Die Europäer glauben, sie müßten den Einheimischen etwas Gutes tun: die Ziviliation bringen. Andererseits “bedienen” sich die Eingeborenen, wenn unbeobachtet, bei den Europäern, die in der Regel wohlhabener sind, da sie zielgerichteter arbeiten.

    Ein zweites Thema dieser Novelle ist der tödlich endende Konkurrenzkampf gegen einen bereits am Ort befindlichen weiteren (chinesischen) Koprahändler.

    Für mich las sich die Erzählung besonders in der ersten Häfte mitunter etwas zäh, obwohl mir mein Gefühl sagte, alles was der Autor (be-)schreibt hat Hand und Fuß und der Text erläutert die exotischen Gegebenheiten und Situationen genauer. Es ist auch schön beschrieben, aber eben sehr wortreich. Das belastet die Handlung mit soviel Stoff, der nicht zwingend dazugehört. Als Leser im 21. Jahrhundert ist man auf schnelleren Fortgang der Story getrimmt. Vor etwa 130 Jahren, als die Novelle entstand, war das sicherlich noch anders: das Publikum war noch nicht durch Funk- und Fernsehen mit fremden Welten so “vertraut”, sie brauchten mehr “Fleisch” um die Handlung drumherum – so vermute ich jedenfalls.

Fazit
Obwohl Der Strand von Falesa die längste Geschichte ist wurde das Buch nach dem Das Flaschenteufelchen benannt und es gefiel mir von der Idee her tatsächlich auch am besten. Ich halte das Flaschenteufelchen (manchmal auch der Flaschekobold für die schönste Geschichte im Buch. Doch die Aufmachung mit den Illustrationen und der schön gestaltete Bucheinband tun ihr Übriges und ziehen mich hinein in die Lektüre aller drei dieser exotischen Stevenson-Erzählungen. Ein Buch, dass ich mir behalten werde (die meisten anderen Bücher verkaufe ich wieder nach der Lektüre bei booklooker.de oder stelle sie in ein öffentliches Bücherregal.).