07. November 2025

Drei fast geniale Freunde auf dem Weg zum Ende der Welt

Roman von Jonas Jonasson (1961*)

Das Ende der Welt und wie es trotzdem immer weitergeht

Ein Buch, von dem man von Anfang an weiß, dass man die Handlung nicht allzu ernst nehmen braucht. Die Idee entsprang ganz offen­bar dem Witz des Autors, dessen Lite­ratur spätestens seit der Ver­filmung seines Erstlings­werkes Der hundert­jährige Mann, der aus dem Fenster kletterte und verschwand weltweit bekannt wurde.

Zunächst fand ich die Buchidee mit dem mathematisch errechneten Weltuntergang allerdings bescheuert, nahm das Buch dann aber trotzdem aus unserer kleinen Dorfbibliothek mit nach Hause, weil es ums Reisen ging und besonders deshalb, weil Claudia es gerne gelesen hätte . Am Ende hab ich’s jedenfalls nicht bereut.

Teil 1: Die Zeit vor dem Weltuntergang
Wir lernen drei liebens­werte Personen kennen, die sich gegen­seitig ebenfalls gerade kennen­lernen. Wir haben dabei oft gelacht (wir: Claudia und ich). Der Autor Jonas Jonasson ist ein Bauchmuskel­strapazierer (selbst dieser Name ist schon Humor, oder?). Und auch ein Menschen­kenner, denn bei den Dingen, die da von den Dreien gedacht und getan werden (z.B. späte “Rache” an früheren Bekannten) kann man sich mitunter selbst erkennen (so man dies will ). Oder lieber besser seine Nachbarn oder Freunde und Kollegen, das geht viel leichter . Jedenfalls wird der Leser recht amüsant und kurzweilig auf die Zeit nach dem Welt­untergang hingeleitet, nicht ganz ohne eine Reihe Seitenhiebe in die Reihen der Bürokratie, der Politik und die “ach so wichtigen Leute” in deren Umkreis.

So wird zum Beispiel über die sowjetische kommunistische Politik (ja, auch einige kleine Rückblenden werden eingebaut) und deren Fünfjahresplan gesagt, dass diese:

… vor lauter Schreck im nächsten Fünfjahresplan festlegten, das Wetter solle sich um 60 Prozent bessern.
Das konnten die Russen damals natürlich noch nicht, wie heute alle wissen. Heute können wir das immer noch nicht, wie viele offenbar nicht mehr wissen .

Über die wahren Beweggründe von hochrangigen Angestellten in regierungsnahen Organisation (sagen wir mal zum Beispiel bei Interpol und deren nationalen Zweigstellen) läßt sich unser humoristischer Schreiber ganz klar aus. Es geht dem Hochrangigen um: private Vorteile (das hättet ihr sicherlich nicht gedacht, gelle ). Genaueres dazu bitte selbst nachlesen .

Und damit der Roman trotz seines Humors auch eine gewisse Tiefe und Ernsthaftigkeit bekommt, läßt Jonasson ein paar real existierende Politiker auftreten oder erwähnt sie zumindest: Angela Merkel, Barrick Obama, Donald Tusk, die Assad-Familie, den ehemaligen UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon …

Ebenso werden ein paar politische Themen zumindest als Schlagwörter mit hinzugenommen, wie “… von der Notwendigkeit einer Reform des globalen Währungssystems …” oder ”…strengere Regeln fürTransaktionen oder neue Wege zur Bekämpfung der Korruption …”. Also alles Themen, die uns die Nachrichtensprecher heutzutage fast täglich um die Ohren hauen (so man überhaupt noch hinhört). Oft scheint es mir, der Autor nimmt diese aktuellen Themen satirisch auf’s Korn, doch wirklich sicher lassen sich die Standpunkte Jonassons daraus nicht erkennen. – Er überläßt es dem Leser und das ist ja vielleicht auch besser so.

Teil 2: Die Zeit nach dem Weltuntergang
Diese Zeit sollte man eigentlich gar nicht mehr beschreiben können, also niemand könnte das. Der Autor dieses Buches kann es aber dennoch .

Allerdings wird es hier ein paar Abschnitte etwas langatmig (zumindest für uns war es so gefühlt), doch die Seitenhiebe auf Politik und Wirtschaft, auf Staatsmännisches etc. sitzen umso besser bzw. sie werden schärfer. Überhaupt scheint uns der zweite Teil auf satirische oder humoristische Weise eher auf Politik und Politiker einzugehen, als auf die Reise der drei fast genialen Freunde, obwohl diese noch in alle Geschehnisse involviert bleiben.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, das Jonasson nebenbei die heutzutage viel zu häufige Unart vieler (internationaler) Stars und Prominenter aufzeigt, mit der Politik auf Du und Du zu stehen, die aus einer unergründlichen Allwissenheit heraus glauben, sich auch in alles einmischen zu müssen. In unserem vorliegenden Buch engagiert sich beispielsweise “… der berühmte Schauspieler George Clooney im globalen Antikorruptionskampf …”.

Politik in Romanen
Man liest ja Bücher oft auch deshalb, um der aktuellen Welt zu entfliehen. Deswegen ist es ja nicht verkehrt, wenn diese in den Romanen außen vorbleibt. Bei den Büchern von Jonasson ist es offenbar nicht so (seine anderen Erfolgsromane kommen anscheinend auch immer wieder auf dieses Thema). Doch der Autor macht das sehr geschickt – er spricht nie ganz konkrete Probleme an, sondern verteilt Seitenhiebe in der Art: So sind sie halt, die Politiker und die Leute in deren Umfeld. Es ist immer irgendwie lustig, doch wenn man genauer drüber nachdenkt … – Mir gefällt diese Art, bestimmte Dinge aufs Korn zu nehmen, Beurteilungen (und Verurteilungen) jedoch dem Leser zu überlassen. Dabei erinnert mich der Schwede hin und wieder ein wenig an Erich Kästner, der auch diese subtile Art der Charakterisierung von Menschen inklusive Seitenhiebe anwandte.

Vielleicht sollte ich ein Beispiel aus dem Buch bringen:

Der (Nicht-)Politiker Bill Gates investiert eine große Summe Dollars in ein vermeintlich sehr lukratives Geschäft und verkündet gleichzeitig, dass er den zu erwartenden Gewinn der Klimaforschung spenden will.

Der (Noch-Nicht-)Politiker Donald Trump (die Handlung des Buches spielt im Jahre 2011) investiert ebenfalls eine ähnlich hohe Summe in diese vermeintlich großartige Gelegenheit. Und er teilt mit, dass er ja im Unterschied zu Bill Gates kein Kommunist sei und deswegen werde er das gewonnene Geld niemandem spenden.

Fazit
Alles in allem kommt mir die Schreibe von Jonas Jonasson schon sehr routiniert vor, was ich nicht als Nachteil bewerten würde. Er benutzt die Sprache und den Satzbau innerhalb seines Kontextes sehr geschickt und setzt genaue Pointen. An dieser Stelle ist ein großes Dankeschön und ein Lob an die Übersetzerin Astrid Arz sehr angebracht .

Obwohl ich im Netz auch schon eine Rezension fand, die an dem Buch gerade das Routinenhafte bemängelt, kann ich dagegen sagen, dass ich es einfach für profihaft halte. Und für mich ist es ist ja auch das erste Jonasson-Buch, das ich gelesen habe, also noch lange nichts, was sich bei mir “abgenützt” hat.

Man kann das Buch auf zwei Arten lesen: flott über die Zeilen gehen und sich einfach am Humor und den sympathischen Protagonisten erfreuen. Oder viele der Sätze und Absätze im Hinterkopf nochmal Revue passieren lassen. Dann vermischt sich das Ganze sonderbarerweise mit dem eigenen Erfahrungsschatz und man erfährt die Hintergründigkeit von Jonas Jonasson. Oder man macht beides gleichzeitig: hintergründiger Humor.

Selbst bei der Danksagung auf der letzten Seite des Buches bekamen meine Bauchmuskeln wiederum ihre Trainingseinheiten. Jonasson ist einfach Spitze.

Wenn ich wieder mal ein Buch vom gleichen Autor mit Reisen, Meer und/oder Exotik antreffe, dann werde ich es auch noch lesen. – Oder auch ohne Reisen, Meer und/oder Exotik .

Claudias Fazit
Claudia hat natürlich ihre eigene Meinung zu dem Buch
 

Ein wunderbares Buch: drei Außenseiter treffen nach und nach zusammen und unternehmen eine Wohnmobiltour.

Da ist zuerst mal Johan, ein freundlicher und liebenswerter Freund und Bruder, allerdings sieht er die Welt sehr rosarot, wie man so schön sagt. Also, ganz so klar im Kopf ist er nicht. Allerdings bringt ihm das keinen Nachteil, wie er glaubt. Oder doch?

Erst durch die Reise mit seinen beiden neuen Freunden schnallt Johann, wie gemein und niederträchtig er schon Zeit seines Lebens von seinem älteren Bruder behandelt wurde. Wie auch immer – Johann wurde mir dadurch am sympathischsten von den Dreien.

Petra ist da das Gegenteil. Sie fühlte sich ihr Leben lang als zu kurz gekommen und ungeliebt. – Ebenfalls zu Unrecht. Petra ist auch diejenige, die den kurz bevorstehenden Weltuntergang auf die Minute genau voraussagt.

Später kommt noch die abenteuerlustige 74-jährige Agnes hinzu, ebenfalls recht sympathisch.

Es gibt die ganze Zeit über viel zu Lachen auf den gemeinsamen Abenteuern der drei, die sich letztlich nicht lediglich auf eine Wohnmobiltour beschränkt. Dazu versteckte (?) oder nicht versteckte (?) politische Botschaften .

Mein Fazit: Insgesamt fand ich das Buch zum Schmunzeln und auch spannend. Absolut lesenswert.

PS: ? Falls jemand weiß, warum auf dem Buchcover ein Faultier abgebildet ist, dann bitte mir diese Erkenntnis weitersagen : Kontakt.