28. August 2023

Einsame Weltreise

Reisebeschreibung von Alma M.Karlin (1889-1950)

Erlebnisse und Abenteuer einer Frau im Reich der Inkas und im Fernen Osten

Am 24. November 1919 brach Alma Maximiliana Karlin aus der Kleinstadt Celje (deutsch: Cilli) in der unteren Steiermark in Richtung Triest auf. Diese Reise sollte sie in acht Jahren um die Welt führen. Ihre liebste und wichtigste Reisebegleiterin ist die Schreibmaschine Erika. Mit ihr dokumentiert sie ihre Reiseerlebnisse, woraus in den folgenden Jahren drei interessante und locker zu lesende Reisebände (wie ich finde) entstehen sollten.

In den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Frau allein um die Welt zu reisen ist sowieso schon nicht einfach. Zudem sieht sich Alma durch das Buch hinweg unablässig als Opfer der sexuellen Begierde der Männer. Ich kann nicht beurteilen, ob dem wirklich immer so war oder ob es eine “schriftstellerische Masche” von ihr ist. So wie sie die juristischen Verhältnisse diesbezüglich am Beispiel Peru beschreibt, kann ich mir denken, dass viele Männer dieser Macho-Gesellschaften alleinreisende Frauen tatsächlich als eine Art Freiwild ansahen. Deshalb meine ich, dass es wirklich so gewesen sein könnte, wie die Autorin es beschreibt und es trotzdem eine Masche ist, dies uns auch immer mitzuteilen. Inklusive ihrer oft lustig geschilderten Verteidigungsstrategien. Denn es hat ja auch etwas abenteuerlich-Unterhaltsames.

Alma M. Karlin weiß allerdings auch selbst um den Umstand, dass sie mitunter ungerecht sein konnte. Für diesen Umstand möchte ich folgende Passage zum Besten geben:

… ich nahm es nicht einmal mit genügender Anerkennung auf, als er mir am nächsten Morgen, nachdem ich von Herrn G. Abschied genommen hatte, in einem väterlichen Tone sagte:
“Es ist mir aufgetragen worden, über Sie zu wachen.”
Was wußte er von Pflanzen und Vögeln und von der Art dieser Leute? Wir liefen zusammen über Berg und Tal, und ich knurrte innerlich über mein Einsamsein und ahnte nicht, daß mir ein Schutzengel zur Seite ging, der zu irdischen Zwecken die Flügel daheim gelassen und eine sehr verbrauchte Matrosenhose an hatte.

Ein Beispiel ihres mitunter leicht schwarzen Humors (in Peru):

Der größte Übelstand beim Zimmersuchen war der Mangel eines gewissen Ortes. Man zog Leute vor, die sich dieser Geschäfte an den Straßen entledigten. Zum Schluß fand ich indessen ein gassenseitiges Zimmer in der Calle Jerusalem, dicht neben einer Tischlerwerkstatt, so daß ich das erquickliche Gefühl hatte, man sägte und hobelte an meinem zukünftige Sarge.

Ich habe dieses Buch aus der Reisetrilogie von Karlin als zweites Buch gelesen, obwohl es chronologisch noch vor «Im Banne der Südsee» spielt. Wie in der Rezension dort bereits beschrieben, war Claudia bei den nachfolgenden Karlin-Büchern nicht mehr als Lese-Zuhörerin dabei. Doch die Einsame Weltreise hätte ihr dann doch auch wieder gefallen, schätze ich. Und so kommen wir hier zum Fazit:

Fazit

Das Buch ist ein Erlebnis. Anschaulicher kann ein Reisebericht wohl kaum sein, eine große Kunst der Darstellung. Alma M. Karlins literarisches Werk hat mich ergriffen und bewegt, ihre Tatkraft und ihr Durchhaltevermögen auf dieser einsamen Reise sind ausnahmslos zu bewundern.

Den dritten Band der Trilogie habe ich mir darum zwischenzeitlich ebenfalls zugelegt («Erlebte Welt – Das Schicksal einer Frau») und ich freue mich schon jetzt auf dessen Lektüre!

Ein paar Worte zu Antiquariats-Büchern (oder besser: zu Neuauflagen):

Bücher von Alma M. Karlin gibt es inzwischen auch als Neuauflagen vom AvivA Verlag (auch bei anderen Verlagen sicherlich). Ich selbst versuche bei alten Autoren immer an die alten Ausgaben heranzukommen (z.B. via booklooker.de), auch wenn diese nicht mehr so ganz neu anzuschauen sind. Ganz besonders seit ich weiß, dass viele Verlage inzwischen “auf Linie gebürstet” sind (Neusprech: “engagiert”) und die Originaltexte der Künstler nach ihren eigenen “anti-rassistischen“ sowie LGBT-Gutdünken anpassen. Als Begründung dafür wird angegeben, dass diese Stellen “… heutigen Lesern schlichtweg nicht zuzumuten sind.”
Diese letzte Aussage zwischen den Anführungsstricheln stammt nicht von mir, sondern aus folgendem Text über Alma M. Karlin: Ein Mädchen mit «unrichtig eingehängten Augen» ….
Sorry, nachdem uns heutzutage alles mögliche Unzumutbare von Regierung, von der “Qualitäts-”Presse und von der schreibenden Zunft allgemein zugemutet wird, möchte ich bitteschön selbst entscheiden, was ich mir als Literatur-Interessierter zumute und was nicht.
Du, lieber Leser, magst das wiederum für dich entscheiden, wie du es für richtig hältst.