17. Januar 2024

Christa sucht ihre Mutter

Roman von Else Schimmelfennig

Mädchen-Jugendroman aus dem Jahre 1951

Aufmerksam wurde ich auf dieses Büchlein (nur 64 Seiten) beim Antiquariatsstöbern nach dem Illustrator Klaus Gelbhaar, dessen Zeichnungen und Aquarelle mir beim Buch Vier Mädchen im Schicksalswind so gut gefielen. Die Exotik auf dem Titelbild, die typischen Dachkostruktionen der Häuser Sumatras, gaben den Ausschlag und ich kaufte dieses antiquarische Buch. Zudem ich gerne hin und wieder mal Kinder- und Jugendliteratur lese (ich wurde selten enttäuscht, siehe ganz besonders Lütt Matten und die weiße Muschel), auch wenn ich inzwischen bereits seit Jahrzehnten keine “Unterschriften des Erziehungsberechtigten” mehr einholen muss .

Christa, die Titelheldin ist zur Zeit der Handlung 14 Jahre alt, die kleine Erzählung spielt im Jahre 1938 in Ostasien (Sumatra, Ceylon, Indien).

Es ist ein einfacher, dafür leicht verständlicher Text, mit dem Else Schimmelfennig uns diese kleine Geschichte der Familie Böhmer näherbringt. Ja, mehr noch: wie oft in älterer Reiseliteratur, und dazu zähle ich auch noch dieses Buch aus dem Jahre 1951, bemüht sich die Autorin, uns das Land und seine Gepflogenheiten in einer Art von beinahe lexigraphischen Erläuterungen näherzubringen. Dieses Ansinnen erscheint uns heute leicht verständlich, wenn wir bedenken, dass Reisen – und insbesondere Fernreisen um die halbe Welt – damals im Gegensatz zu heute alles andere als gewöhnlich waren. Wenn man jemand kannte, der auf diese Weise um die Welt kam und davon aus persönlichem Erleben berichten konnte, dann war das schon etwas! Und so bindet die Autorin als “Lehrstoff” immer wieder fremdartige Begriffe und geographische Eigennamen ein, etwa in dieser Art:

Christa atmet tief die Morgenluft ein. “Dort sieht man schon deutlich die beiden Vulkane, wie heißen die doch?” “‘Sinagong’ und ‘Sijabak’“
Oder wie dem Leser nähergebracht wird, dass die Dämmerung in den Tropen fast nicht existiert:
“Schade, Vater, dass es hier so früh und so schnell dunkel wird.”
Die Erläuterung, wie das Harz der Gummibäume gesammelt wird, hat auch eher was Lexikonhaftes. Und derlei gibt es unzählige Beispiele in dem schmalen Buch.

Aber auch zur Vorsicht gegenüber den Menschen in unbekannten Ländern wird geraten und nicht einfach verschwiegen, dass wir (wohlhabenden) Ausländer eben nicht immer und überall beliebt sind:

… und sie wehrt ungeduldig einen zudringlichen Batakjungen ab, der sie schon eine Zeitlang mit seiner Bettelei verfolgt hat. Da trifft sie ein Blick, wie sie ihn noch nie erlebt hat. Die Augen des Jungen sind halb geschlossen und blitzen sie haßerfüllt an.

Interessant auch die Aussage über das Klassensystem in Zügen auf Sri Lanka und Indien:

“Was die Fahrt nach Madras kostet? Erster Klasse 143 Rupies, zweiter 77 Rupies, dritter können Sie ja nicht fahren, die ist nur für Kulis.”

Fazit

Bei einem Jugendroman für Mädchen vielleicht nicht weiter verwunderlich, doch der Familienbezug, ebenso der Zusammenhalt unter befreundeten Familien, macht für mich (neben der exotischen Umgebung) den Charme dieses Büchleins aus. Die Familiengründung mitsamt dem Zusammenhalt innerhalb dieser war damals (1951) noch ein erstrebenswertes Lebensbild. Mit anderen Worten: es ist eine Geschichte, bei deren Lesen ich hin und wieder seufze und vor mich hinbrabbele: “Damals war die Welt noch in Ordnung.”

PS: Obwohl es ein Mädchen-Roman ist, habe ich diese Geschichte alleine, also ohne Claudia gelesen .