Eine Südseegeschichte
Gleich vorneweg ein großes Lob: es war unser erstes Buch von Alma M. Karlin und einhellig waren Claudia und ich anschließend der Meinung: von dieser Autorin wollen und werden wir noch mehr lesen.
Unsere Buchausgabe stammt ungefähr aus dem Jahre 1955 (Ersterscheinung des Romans war 1936) und bekam mit der aquarellierten Federzeichnung einen sehr ansprechend gestalteten Bucheinband. Innen finden sich weitere Federzeichnungen von Klaus Gelbhaar (1920-2007), die das Buch illustrieren. Damit stellt sich das Buch als Kinder- oder besser Jugendbuch heraus.
Die Autorin verfolgt mit Bravour mindestens zwei Ziele: die Hauptrolle spielen die unterschiedlichen Lebensträume der vier Mädchen, die sich auf der Südseeinsel Vanikoro (Salomonen-Gruppe bzw. Santa Cruz-Islands) zum ersten Male begegnen. Es geht darum, auf welche Weise sich diese Erwartungen erfüllen.
Das zweite Ziel ist ganz klar die Vorstellung der Südseeinseln, deren Bewohner, das vorherrschende Klima und Wetter, die Natur, der “grausame Zauber der Tropen”, wie sie es selbst nennt. Krankheiten, die die Einheimischen und erst recht uns Europäer oft und schnell treffen können, spielen eine Rolle. Es gelingt Alma Karlin hervorragend dennoch die lockende Exotik einzufangen und an dem geneigten Leser zu übermitteln.
Exzellent ist ihre Darstellung der vier Hauptprotagonistinnen. Wir erfahren von deren Träumen, aber auch von deren demütigen Haltung gegenüber den verschieden Umständen und Traditonen, in die sie hineingeboren wurden. Es sind die deutsche Erika, die australische Elisabeth (deren Eltern allerdings von Deutschland stammen), das chinesische Mädchen Kun Dui und die Einheimische Naviti (oft umschrieben als das “Inselkind” oder “Südseekind”). Die vier 17-jährigen Mädchen werden alle ihren Platz im Leben finden, den sie mit Hingabe ausfüllen werden.
Was nicht so schön war
Wir haben da nichts finden können . Im Gegenteil: Das Buch dürfte so um 1928 bis 1936 entstanden sein (nachdem Alma M. Karlin von ihrer Weltumrundung zurückkehrte). Damals gab es noch keine vorgeschriebene Sprache: wenn die Autorin die Eingeborenen mit Negern vergleicht, um deren Aussehen zu charakterisieren, dann vergleicht sie sie eben mit Negern (und nicht mit Schornsteinfegern). Der Leser erhält also eine genauestmögliche Vorstellung von allem.
Und wenn Beß (=Elisabeth) eben vom Arzt Dr. Lever als “Sindbad der Seefahrer” betitelt wird, dann bringt genau diese exakte Sprache rüber, was und wie das gemeint ist: voller liebevoller Anerkennung. Für den unvoreingenommenen Leser ist das herzerfrischend.
Fazit
Neben den wundervollen Südsee-Insel-Beschreibungen, aber erst recht wegen der gekonnten Gewichtung von Wichtigem und weniger Wichtigem halten wir Alma M. Karlin für eine der ganz Großen der deutschsprachigen Abenteuer- und Reiseliteratur des letzten Jahrhunderts. Wenn es um die Darstellung des Seelenlebens, der Gefühle, der Bewegtheit der Mädchen geht, dann nimmt sich der Text die benötigte Zeit. Geht es dann um sich daraus ergebende Handlungen – wie zum Beispiel eine Hochzeit – dann kann diese durchaus in einem der Folgesätze einfließen und: fertig, Punkt. Der Gemüts- und Seelenzustand in diesem Zusammenhang wurde ja bereits als entscheidender Teil des Textes dargelegt. Und das meist brilliant.Vier Mädchen im Schicksalswind wird eines der Bücher, die ich nicht wieder dem Gebrauchtbüchermarkt übergebe. Allein wegen der Sprache und der gekonnten Ausdrucksweise der Schriftstellerin gehört das Buch ab jetzt zu meinem festen Bücherbestand.
Claudias Fazit
Claudia hat natürlich ihre eigene Meinung zu dem Buch 🙂 | |||||
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