Stimmungsvolles Bild der späten Zwanzigerjahre in Spanien
Die Geschichten über die Menschen in diesen zwei Villen am Meer, die von der Autorin in diesem Buch erzählt werden, sind derart achtungsvoll gegenüber den jeweiligen Protagonisten beschrieben, dass ich als Leser sie automatisch in Ehren halte, also nicht be- oder verurteile. – Es geht natürlich um Liebe, um Beziehungen, um die großen und auch kleinen Probleme im Leben.
Mercè Rodoreda erzählt diese (Liebes-)Geschichten exakt nur so ausladend, wie notwendig. Nicht zu knapp, aber auch nicht endlos ausgewalzt, doch immer so, dass für uns als Leser genug Raum bleibt, uns in die Gedankenwelt der jeweiligen Personen hineinzudenken, ja hineinzufühlen. Egal wessen Geschichte gerade weitergesponnen wird, beim Leser bleibt immer ein Gefühl der Achtung vor den handelnden Personen des Buches zurück. Ja, es bildet sich sogar eine Art Verständnis für die unterschiedlichen Entscheidungen der jeweiligen Protagonisten.
Besonders interessant ist die Schreibtechnik: wir erfahren fast nichts direkt durch “Dabeisein”. Sondern vielmehr erhält der Leser seine Informationen durch den Gärtner des Herrenhauses, der alles mehr oder weniger zufällig beobachtet oder den Personen sein offenes Ohr leiht. Dadurch bleibt hier und da zeitweise manches rätselhaft, denn es existiert ja kein allwissender Erzähler. Diese Perspektive macht es nochmals spannender für den ebenfalls beobachtenden Leser.
Am Ende bleibt für uns als Fazit: die Geschichte im Buch ist genauso fein, gefühlvoll und wunderschön, wie die feine Aufmachung dieses Werkes durch den mare-Verlag (jedenfalls die uns vorliegende Version mit dem Pappschuber). Eine rundum stimmige Sache.
Kleine Story zu unserer Ausgabe dieses Buches:
Das Buch hatte ich gekauft und es lag zu Hause auf dem Tisch als Vorschlag für unser nächstes gemeinsam zu lesendes Buch. Claudia nahm es aus dem Pappschuber und zeigte sich bereits begeistert von der Aufmachung und dem Bild auf dem Schuber außen. Als sie das Buch selbst dann in der Hand hielt, drehte und wendete sie es. Sie fuhr mit der Handfläche sanft von allen Seiten über den Stoffumschlag (ja, sie streichelte das Buch quasi): “Oh, das ist so wunderschön. Das Coverbild, der Bezugsstoff, die Seiten, das Lesezeichen-Bändchen …”.
Und sie kam mit einer Idee:
“Du könntest mir doch eine Widmung reinschreiben und mir das Buch dann schenken. – Ich möchte es so gerne besitzen.”
Ich kann Claudia nichts abschlagen (jedenfalls nicht viel). Und so besitzt sie jetzt ein wunderschönes Buch vom mare-Verlag. Mit Widmung.