15. Oktober 2021

Der Garten über dem Meer

Roman von Mercè Rodoreda (1908 – 1983)

Stimmungsvolles Bild der späten Zwanzigerjahre in Spanien

Die Geschichten über die Men­schen in diesen zwei Villen am Meer, die von der Autorin in diesem Buch erzählt werden, sind derart achtungs­voll ge­gen­über den je­weiligen Pro­ta­go­nisten beschrieben, dass ich als Leser sie au­to­ma­tisch in Ehren halte, also nicht be- oder ver­ur­teile. – Es geht natürlich um Liebe, um Beziehungen, um die großen und auch kleinen Probleme im Leben.

Mercè Rodoreda erzählt diese (Liebes-)Geschichten exakt nur so ausla­dend, wie not­wendig. Nicht zu knapp, aber auch nicht endlos aus­ge­walzt, doch immer so, dass für uns als Leser genug Raum bleibt, uns in die Ge­danken­welt der je­weiligen Per­sonen hinein­zu­denken, ja hinein­zu­fühlen. Egal wessen Geschichte gerade weiter­ges­ponnen wird, beim Leser bleibt immer ein Gefühl der Achtung vor den handelnden Personen des Buches zurück. Ja, es bildet sich sogar eine Art Verständnis für die unter­schied­lichen Ent­schei­dungen der jeweiligen Protagonisten.

Besonders interessant ist die Schreib­technik: wir er­fah­ren fast nichts direkt durch “Dabeisein”. Sondern vielmehr erhält der Leser seine In­for­mationen durch den Gärtner des Herren­hauses, der alles mehr oder weniger zu­fäl­lig beobachtet oder den Personen sein offenes Ohr leiht. Dadurch bleibt hier und da zeit­weise manches rätsel­haft, denn es existiert ja kein all­wis­sender Erzäh­ler. Diese Per­spek­tive macht es noch­mals span­nender für den ebenfalls beobachtenden Leser.

Am Ende bleibt für uns als Fazit: die Geschichte im Buch ist genauso fein, gefühlvoll und wunderschön, wie die feine Aufmachung dieses Werkes durch den mare-Verlag (jedenfalls die uns vorliegende Version mit dem Pappschuber). Eine rundum stimmige Sache.

Kleine Story zu unserer Ausgabe dieses Buches:

Das Buch hatte ich gekauft und es lag zu Hause auf dem Tisch als Vorschlag für unser nächstes gemeinsam zu lesendes Buch. Claudia nahm es aus dem Papp­schuber und zeigte sich bereits be­gei­stert von der Auf­machung und dem Bild auf dem Schuber außen. Als sie das Buch selbst dann in der Hand hielt, drehte und wendete sie es. Sie fuhr mit der Hand­fläche sanft von allen Seiten über den Stoff­umschlag (ja, sie streichelte das Buch quasi): “Oh, das ist so wunderschön. Das Coverbild, der Bezugsstoff, die Seiten, das Lesezeichen-Bändchen …”.

Und sie kam mit einer Idee:
“Du könntest mir doch eine Wid­mung rein­schreiben und mir das Buch dann schenken. – Ich möchte es so gerne besitzen.”

Ich kann Claudia nichts abschlagen (jedenfalls nicht viel). Und so besitzt sie jetzt ein wunder­schönes Buch vom mare-Verlag. Mit Widmung.