Der Kampf um die Frau seines Herzens
Gegen Ende des Buches wurden die von mir “in einem Rutsch” gelesenen Abschnitte immer kürzer. Nicht, weil ich es langweilig oder öde fand. Ganz im Gegenteil – ich wollte noch möglichst lange an diesem Buch festhalten.
Ja, so kann ich in drei Sätzen beschreiben, wie sehr mir die Geschichte des jungen Seemannes Martin Eden gefiel. Er ist ein kraftstrotzender Bursche von 21 Jahren, in die Klasse der Armen hineingeboren, der aufgrund der Liebe zu einer jungen Frau aus der “besseren” Schicht sein Leben umkrempelt, einen ungeheuren Bildungshunger entwickelt mit dem hauptsächlichen Ziel, zu seiner Traumfrau “aufzusteigen” und so ihnen beiden eine Heirat zu ermöglichen.
Das ist im Wesentlichen der Extrakt des Buches oder zumindest der Anstoß zum Start der Schriftstellerkarriere des Martin Eden, deren Ausgang von Jack London so tragisch inszeniert wurde.
Verschiedene Buchausgaben
Es erscheinen ja hin und wieder Neuübersetzungen von Jack Londons Büchern, so auch bei Martin Eden. Ich selbst stehe eher auf die alten “originalen” Übersetzungen. Bei Jack London sind es i.d.R. die von Erwin Magnus, der die Rechte zuvor exklusiv von der Witwe des Schriftstellers erworben hatte.Im Falle von Martin Eden besitze ich sogar zwei unterschiedliche Übersetzungen: eine von Erwin Magnus aus dem Aufbau-Verlag Berlin 1956 (ehemals DDR) und eine aus dem Jahre 1996 von der XENOS Verlagsgesellschaft mbH, übersetzt von Leni Sobez. Die Übersetzung von Leni Sorbez ist tatsächlich auch eine Kürzung, denn sie bereitete den Roman für eine Adaption als Jugendbuch auf. Es stehen 256 versus 455 Seiten und dabei enthält der Buchsatz der längeren Magnus-Ausgabe noch nicht mal weniger Text pro Seite. Siehe dazu den Foto-Vergleich. Die Jugendbuchausgabe enthält zudem noch ein Reihe schöner Ganzseitenillustrationen.
Jack London und Liebesromane

Noch viel mehr verzichtete er auf nahegehende zwischenmenschliche Texte in seiner persönlichen Reisebeschreibung Die Reise mit der Snark, die er zusammen mit seiner Frau Charmian unternahm. Dort rührt dieser Verzicht auf eine leserwirksame Liebesgeschichte zwischen den Ehepartnern sicher wesentlich auch daher, dass Jack London seine eigene ganz offensichtlich persönlichen Gefühle nicht unbedingt an die Öffentlichkeit kehren wollte.
Den Martin Eden schrieb Jack London übrigens während der ersten beiden Jahre auf der Snark, als die Londons gemeinsam auf der Snark unterwegs im Pazifik waren.
Doch Martin Eden ist im Gegensatz zu den Texten über die Reise mit der Snark ein Roman, eine fiktive Gestalt. Wenn auch aus Motiven aus Jack Londons Jugendleben erstellt. Hier bewies der Autor, dass er nicht nur Abenteuerschriftsteller war, sondern ebenso die Klaviatur der (Liebes-)Gefühle virtuos beherrscht.
Der Glaube an Etwas, der Glaube an Jemanden, der Glaube an sich selbst

Folgende Kurzzitate aus dem Buch sind nur zwei von unzähligen Hinweisen, die Martins Sicherheit diesbezüglich dokumentieren:
Die folgende Szene zwischen Ruth und Martin werde ich in diesem Zusammenhang wegen dieser Wichtigkeit als eines der zentralen Themen des Buches hier zitieren:
Quelle bzw. hier weiterlesen: Projekt Gutenberg, «Martin Eden», Kapitel 6
Männlichkeit
Quelle: Projekt Gutenberg, «Martin Eden», Kapitel 11
Jack London ein Sozialist?
Das Buch geht u.a. auf philosophische Themen ein und im Gefolge dieser erwartungsgemäß auch auf politische Gesichtspunkte. Wenn man im Vorfeld bereits hier und da etwas über Jack London gelesen hat, dann gibt es ein paar Biographen oder Kritiker, die London als Sozialisten sehen. Insbesondere deshalb, weil er als junger Mensch die schlechte Bezahlung für Arbeitsleistung als eine der größten Ausbeutungen der Menschen am eigenen Leibe erleben musste und dies auch in seinen Schriften thematisierte. Doch wenn man einerseits sein Werk Martin Eden als einen autobiografischen Roman auffasst, in dem der Protagonist übrigens ebenfalls als Arbeiter in einer Hotelwäscherei bis auf die Knochen ausgebeutet wird, und dann folgende Textpassage aus eben demselben Roman (Martin Eden) liest, dann kann man diese Einschätzungen der Biografen nur noch als sozialistische/kommunistische Propaganda verstehen:Quelle: Projekt Gutenberg, «Martin Eden», Kapitel 13
Fazit
Der ursprünglch gewählte Titel oder auch Arbeitstitel für dieses Buch war Success. Und genau darum ging es, exzellent aufbereitet. Beim Lesen fand ich es schade, dass mir dieses Buch nicht bereits als Teenager in die Hände kam. Denn möglicherweise hätte es mir bereits in jungen Jahren gelehrt, meine eigenen (beruflichen) Ziele und Träume bereits viel früher und vor allem selbstbewußter zu verfolgen.Die Liebesgeschichte zwischen Martin und Ruth entspricht m.E. einer Jugendliebe (auch wenn Martin bereits über 20 Jahre alt ist und Ruth etwa 25/26) und passt damit noch viel besser in den Lesestoff eines heranwachsenden Menschen.
Insgesamt eines der gelungensten (Jugend-)Bücher, die ich kenne. Denn es heißt ja immer, durch Lesen kann man nur Lernen. Und ich würde sagen, auf diesen Roman trifft das ganz besonders zu. Wie gesagt, ich kannte das Buch als junger Mensch noch nicht, doch wenn meine Enkelkinder ins Teenageralter kommen, werde ich ihnen dieses Buch vielleicht einmal als Geschenk auf den Gabentisch legen.
Zum traurigen Ausgang des Buches und zu Jack London selbst
Wir wissen ja nun schon längst, dass sich Martin Eden am Ende des Romans das Leben nimmt (bei einem äteren Klassiker darf man solche Dinge vielleicht im Vorfeld schon verraten, da sie den meisten Lesern ohnehin ebenfalls im Vorfeld des Lesens bekannt sein dürften). Dies halte ich nicht für “lernenswert”, doch brachte es mich wiederum zum Nachdenken über das Leben des Schriftstellers J. London und insbesondere über dessen frühen Tod im Alter von 40 Jahren. Manche schreiben, London hätte einen Suizid begangen (so auch im Nachwort meiner Ausgabe von Martin Eden [Aufbau-Verlag Berlin, 1956]). Primäre Quellen dafür habe ich bisher nicht gefunden und es auch bisher nie geglaubt, vielleicht auch nicht glauben wollen. Das Ende dieses autobiografischen Romans könnte andererseits einen späteren Selbstmord des Autors nahelegen, jedoch passt das Motiv m.E. überhaupt nicht. Zumindest kann ich es im Falle Martin Edens nicht nachvollziehen, was wenn überhaupt mein einziger wirklicher Kritikpunkt an diesem Roman ist. Beim Erfolgsautor Jack London geht ein Selbstmord schon gar nicht in meinen Kopf. Erst recht nicht, wenn ich mir Jack Londons Leben auf seiner Farm Glen Ellen betrachte, wo er mit seiner zweiten Ehefrau Charmian ein offenbar erfülltes, glückliches Dasein führte.
Exkurs: Jack London’s Farm in Glen Ellen
Glen Ellen ist Jack Londons letzter Landwohnsitz in Kalifornien, wo ihm zusammen mit Charmians Onkel bei einem Bad im Pool die verwegene Idee zu dieser Segelkreuzfahrt kam. Claudia und ich besuchten in unserem Film Entlang der Straßen Kaliforniens diesen weitläufigen Landsitz von Jack und Charmian London. Einen kleinen Videoclip darüber könnt ihr hier ansehen:Zur Abrundung hier ein paar weitere (Video-)Rezensionen aus dem Netz
PS: Hier ein Videoclip von Literaturcafé zu dem Buch Martin Eden (eine Neuübersetzung):
PS: Hier ein Videoclip von Literaturcafé zu dem Buch Martin Eden (eine Neuübersetzung):
PS: Hier ein Videoclip von Literaturcafé zu dem Buch Martin Eden (eine Neuübersetzung):
PS: Hier ein Videoclip von Literaturcafé zu dem Buch Martin Eden (eine Neuübersetzung):