Claudia und ich sind mit dem französischen Leihwagen zum Skutarisee unterwegs. Die Montenegriner nennen den See Skadarsko Jezero, Skadarsee. Den Albanern gehört auch ein Teil des Sees und dort heißt er Shkodersee nach der an ihm liegenden Stadt Shkoder oder Shkodra.
, erinnere mich jedoch, dass ich in einem Auto sitze
.
Über Krute und den kleinen Ort Vladimir erreichen wir den Skutarisee. Wir halten genau an einer extra angelegten Ausweichbucht. Von denen gibt es hier zum Glück einige, denn die Straße hat sich längst zu einem einspurigen Weg verjüngt. Wir möchten diese beeindruckende Landschaft auf Fotos fixieren, doch aus dem Auto aussteigen mag von uns keiner. Der Citroen ist klimatisiert und hat uns also die ganze Fahrt über verwöhnt. Autotür kurz aufgemacht – und wir wissen, was wirklich gespielt wird. Wir können uns schließlich doch dazu durchringen, was dazu führen wird, dass wir danach unsere Kleidung auswringen können. Mein Gott ist das heiß und feucht hier! Und mein Gott, ist diese Aussicht herrlich! In der Ferne die Linien zwischen Wasser und Horizont fließen ineinander. Das ist wenigstens gerecht, ist doch so anzunehmen, dass es dort hinten genauso drückend ist wie hier! Wir schleichen wieder in unser Auto. Auf dem schmalen Weg entlang des Skutarisees werden wir noch mehrmals anhalten und in außergewöhnlichen Aussichten schwelgen. So atemberaubend schön ist das hier.
Oberhalb des Dorfes Murici nehmen wir den Abzweig und fahren einen schmalen Schotterweg hinunter. Hier sind die Klosterinseln Otok Beska mit ihrer verfallenen Ruine eines Klosters und die Insel Starceva gorica. Dort soll das von einem einzelnen Mönch behütete Kloster Manastir starcevo stehen. Soll – denn wir haben es bis heute nicht gesehen. Obwohl ein Besuch der Inseln laut unseres Reiseführers möglich ist. Ist er auch. Wir hätten auch gekonnt. Warum wir es nicht taten, erzähle ich Euch hier:
Wir fahren also die schmale Serpentinenstrasse bergabwärts durch das Dorf – vielmehr die paar dort stehenden Häuser – und gelangen auf einen schattigen Parkplatz direkt unten am See. Dort sitzen fünf Jugendliche auf den karstigen Steinen und warten. Noch bevor ich den Citroën-Motor abstelle sehe ich im Rückspiegel den Blonden mit dem durchlöcherten T-Shirt auf das Heck des Wagens zusteuern.
„Sie können fahren zur Insel“ bietet er mir an, kaum dass die Wagentür einen Spalt offen ist. Ja genau das wollen wir auch. Nur haben wir ein Problem, das sich hier in dieser abgelegenen Örtlichkeit nicht beheben lässt: unser Bargeldvorrat an Euro ist aufgebraucht. Wir haben nur noch elf Euro. Und ein paar kroatische Kuna. Meine Frage nach dem Preis erfolgt deshalb aus mehr als nur Sparsamkeitsgründen.
„Fünfzehn Euro für eine Fahrt“ ist die Antwort des durchlöcherten T-Shirts.
Nicht schlecht denke ich und frage nach dem Boot. Das will ich sehen. Er deutet keine hundert Meter zum Strand auf zwei unter einem Sonnenschutzdach liegenden dunklen und schmalen Booten.
Wir klären das mit dem Geld; zehn Euro und den Rest in Kuna können wir aufbringen. Das kaputte T-Shirt geht zurück zur Gruppe, sagt etwas zu dem älteren der fünf, der einen Strohhut lässig ins Gesicht geschoben trägt. Der schiebt seinen Strohhut nur ganz leicht zurück und lässt ein leises Nicken vernehmen. Eigentlich mehr einen Augenaufschlag und schon sitzt sein Hut wieder mehr im Gesicht als auf dem Kopf.
„Ist OK“ übersetzt der Durchlöcherte die Antwort des Strohhuts und nickt dabei ebenfalls.
„Wann?“ will ich wissen.
„Jetzt“ kommt die Antwort von dem dunkelhaarigen Untersetzten, der sich neben den Durchlöcherten geschoben hat.
Und schon gehen beide mit einem Winkhandzeichen voran. Wir folgen. Genau in die entgegengesetzte Richtung als der zwei am Strand liegenden schmalen Boote. Fragend blicken Claudia und ich uns an, doch die beiden sind ohne weitere Worte oder gar Erklärungen schon etwa zehn Meter an einer alten Ruine vorbeigehuscht. Der Trampelpfad wird selten benutzt, er ist sehr schmal, wir treten auf Gräser. Dornenzweige hängen quer über den Weg. Claudia bleibt hängen, schimpft leise. Die Jungs gehen weiter, jetzt näher am Ufer entlang, jedoch immer noch zwischen Hecken. Der Weg wird jetzt auch steinig. Wir müssen aufpassen, nicht zwischen den unregelmäßigem Karstgestein ins Wasser zu treten. Der Durchlöcherte und der Untersetzte haben keinen Blick zurück. Sie sind schon fast am Kiesstrand, den wir in einer Wegbiegung durchschimmern sehen. Es riecht hier nach Exkrementen, was uns darauf schließen lässt, dass immerhin bereits Lebewesen hier gewesen sein müssen. Doch es reicht.
Claudia wehrt sich: „Das mache ich nicht mit.“ Sie bleibt stehen und schüttelt entschieden den Kopf. Ich nicke ihr verstehend zu. Wortlos drehen wir um. Unsere beiden Führer sind längst vorausgeeilt. Durchs Dickicht sehen wir sie am Steinstrand mit den Fußspitzen scharren. Ihr Boot ist auch an dieser Stelle des Strandes. Soll es doch dort bleiben!
Also behalten wir unser letztes Geld und laufen zurück, das Ufer entlang in die andere Richtung. Dort entdecken wir ein verlassenes, noch oder schon wieder geschlossenes kleines Urlaubskamp aus einigen Holzhütten. Hier sollen Naturbegeisterte ihren Beobachtungsurlaub verbringen. Doch es ist niemand da. Am Ufer stehen ein paar Boote. Ein altes, das seinen Lebenshorizont schon längst überschritten hat und bestenfalls noch als Dekoration dienen mag. Ein Kunststoffboot, welches für etwa fünfzehn Personen Platz bietet und sicherlich als Touristenausflugsboot konzipiert wurde, Man sitzt nebeneinander in einer Reihe zu etwa drei Personen. Doch dieses Boot ist schon lange am Ufer vertäut, die vermoosten Leinen verraten es. Davor schaukelt quer ein schönes neues schmales Holzboot, welches sicher noch nicht lange hier liegt. Es ist klein wie die, mit denen wir beinahe für fünfzehn Euro zur kleinen Insel geschippert werden sollten. Das Klosterinselchen ist übrigens kaum dreihundert Meter von hier entfernt. Könnten wir auch schwimmend erreichen. Doch danach ist uns jetzt nicht. Wir haben ja noch elf Euro! Und gleich hier am Ufer haben wir ein Restaurant entdeckt. Kühles Bier!
Es ist immer noch niemand hier außer uns und dem Wirt samt seiner Frau. Die Straße hierher verträgt keine Reisebusse. Diese Gefährte wären definitiv zu breit. Vielleicht kleine VW-Busse. Doch auch davon nähert sich keiner dem engagiert gemachten Landsitz. Bei so wenigen Gästen (wir sind immer noch zu zweit) trauen wir uns gar nicht zu fragen, wann denn welche Aktivität stattfindet. Die Gegend muss jedenfalls nicht befürchten, unter Touristenlatschen zertrampelt zu werden. Und dabei ist es landschaftlich so herrlich hier! Geheimtipp!
Irgendwann gelangen wir dann nach Virpazar. Hier liegen einige Ausflugsboote (rum). Auch kaum Touristen. Im ganzen Ort gibt es keinen Bankomaten. Wieder stehen wir blöd da mit unseren wenigen paar Euros. Für einen Kaffee pro Nase reicht es dennoch. Montenegro ist nicht teuer für Touristen. Einen Kaffee oder Capuccino gibt es zwischen 1,20 und 1,50 Euro. Der anschließende Ortsrundgang ist sehr schnell und vollständig abgeschlossen und so fahren wir durch den neuen Tunnel in Richtung Sutomore und weiter an der Küste entlang zur Marina in Bar, wo unsere Charteryacht Cleo die ganze Zeit vom Marinapersonal gut bewacht auf uns gewartet hat.
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Die Brücke führt über die Biystrica Crmnica und uns in den Ort Virpazar. | Von der Brücke in Virpazar. Im Hintergrund die Berge des Sutorman. |