Am Sonntag wagen wir uns vom Schiff, denn es kommt an diesem Tag ja doch kein Handwerker. Und fahren mit unserem eigenen PKW, der die ganze Zeit brav in Mali Lošinj auf uns gewartet hat, zur Nachbarinsel Cres.
Charakteristisch für Cres seien die langen Trockenmauern, schreibt einer unserer Reiseführer. Wenn das so ist, dann wären wir während unseres inzwischen immerhin mehr als dreimonatigen Törns immer wieder mal auf Cres gewesen. Ohne es bemerkt zu haben. Denn die Trockenmauern fanden wir fast überall vor, von Lošinj als bisher nördlichsten Punkt unserer Reise bis in den Süden Kroatiens auf den Elafitischen Inseln. Mit diesen Mauern versuchen die Menschen den Boden vor Erosion zu schützen. Und natürlich gewinnen sie durch das Sammeln der Steine etwas Boden, der in den Küstenregionen Kroatiens durchweg steinig, karstig und sehr mühsam zu bearbeiten ist.
Cres Stadt selbst ist ein ruhiges, doch sehr pitoreskes Hafenstädtchen. Ein mediterranes Äußeres wie in Dalmatien finden wir hier weniger. Hier sind die meisten Häuser in farbigen Pastelltönen verputzt und wirken so viel eher venezianisch. Der ganze Innenhafen ist von den mit Klappläden bestückten Häusern farbenfroh umsäumt. Also setzen wir uns dort hin und essen etwas, was uns in ganz Dalmatien gefehlt hatte: einen Döner. Die Dalmatiner boten uns lediglich einheimische Speisen an. Zumindest fanden wir dort kein anderes Angebot.
Auf der Insel Lošinj gibt es auch noch schöne Ziele, um ein paar erlebnisreiche und interessante Stunden und Tage zu verbringen. Wir spazieren an einem Abend in die Cikat-Bucht. Sie gehört zur Stadt Mali Lošinj und zeigt noch Romantik aus der k.u.k. Zeit. Die Bucht ist bestens Bora-geschützt, welche gerade in Mali Lošinj mit großer Kraft pfeifen kann. Deshalb ließ sich der Geldadel aus Wien und Budapest im ausgehenden 19. Jahrhundert auch genau dort luxuriöse Villen und pompöse Hotels für die Reichen dieser Welt bauen.
Im Ort Veli Lošinj, der zwar in seinem Namensbestandteil veli angibt, der größere Ort zu sein, von Mali Lošinj an Größe jedoch längst überholt wurde, gibt es einen wunderschönen Pinienpark. Da wir als Mitvierziger ja nun auch schon zu den etwas gesetzteren Leuten gehören, erfreut uns ein schattiger Spaziergang entlang dieser gewaltigen Pinien. Außerdem kann man von Veli Lošinj zu einer Delphin-Tour aufbrechen. Diese werden mit Ausflugsbooten durchgeführt, welche ihren Kurs entlang der Inseln Lošinj, Oruda, Orjule und Ilovik nehmen. Die Wasserwege zwischen diesen Inseln werden als Delphinstraße bezeichnet, weil sich dort oft eine über hundert Meeressäuger-Köpfe zählende Delphinschule aufhält. Wir haben diese Tour nicht gemacht und somit auch heute keinen der Delphine gesehen.
Veli Lošinj mit seinen lustigen Läden … | … und den bunten Häusern rund um den kleinen Hafen. |
An unseren zweiten „freien Tag“, als unserer Vercharterer die Reparatur in die Hand nimmt, wollen wir noch einmal nach Cres. Vielleicht hätten wir den Gänsegeier sehen können, denn es gibt geführte Touren an der Ostküste von Cres. Diese Touren starten von dem Ort Beli.
Doch es kommt anders. Für ein kleines Kaffeepäuschen auf dem Weg dorthin kommen wir in den Miniort Sveti Jakov, noch auf der Insel Lošinj. Langsam fahren wir durch eine schmale Gasse, wohl bedacht darauf, den Wagen nicht an den Mauern links und rechts zu zerkratzen. Langsam auch, um auf die Hühner achtzugeben, die der Verkehrsregeln offenbar nicht mächtig auf der Straße Wirrwarr liefen. Vielleicht ist das ja gar keine Straße und ich fahre wirr. Doch selbst diese Enge schreckt uns nicht und wir kommen zu einem schlicht wirkenden Restaurant, ein Geheimtipp fast schon.
Dort geraten schnell mit einem anderen Pärchen ins Gespräch und erfahren, dass er Kroate vom Festland ist und sie Österreicherin (auch Festland ). Ein richtiges Pärchen sind sie nicht, sondern nur heute gemeinsam unterwegs mit dem PKW. Sie wollen nach Mali Lošinj. Es gäbe dort einen heiligen Ort ähnlich dem in Lourdes, an welchem man Kraft tanken kann. Für Claudia klingt so etwas unheimlich interessant und ihre Neugier siegt: wir lassen unseren Wagen eng an einer Hauswand stehen und fahren mit den beiden in deren PKW zurück nach Mali Lošinj, zu dem Ort Svetište Kraljice Ljubavi. Das bedeutet „Heilige königliche Liebe“ – oder so ähnlich. Jeden sechzehnten eines Monats erscheint dort die Mutter Maria. Das können wir in der kleinen Kapelle nachlesen. Nun, heute ist nicht der Sechzehnte, doch es ist dennoch recht besinnlich hier. Jeder von uns besinnt sich also entweder hockend oder sitzend auf einer der umstehenden Bänke. Ich liege rücklings auf einer Steinbank und schaue durch die Maschen meines Sonnenhutes in den Himmel. Und finde es gar nicht schlecht, sich mal die Zeit zu nehmen und einige Begebenheiten die letzten Wochen Revue passieren zu lassen.
Nach einem Picknick mit gigantischem Blick auf die oben erwähnte Delphinstrasse zwischen Lošinj und Ilovik beenden wir den gemütlichen Teil dieses Tages und werden von Simon, dem Kroaten wieder zu unserem Auto chauffiert. Es war tatsächlich ein schöner besinnlicher Tag.
Für den Gänsegeier ist es jetzt allerdings schon zu spät. Zum Geier damit!
Morgen setzen wir unseren Törn mit der frisch reparierten Cleo fort. Unser Ziel ist Istrien mit so gut klingenden Namen wie Pula und den Brioni-Inseln.