Wir laufen jetzt durch eine der größten touristischen Attraktionen auf dem Balkan. Mostar, die Stadt an der Neretva, ist wegen ihrer unter türkischer Herrschaft erbauten Moscheen und der im Jahre 1566 vollendeten Alten Brücke, der Stari Most für viele Schaulustige eine Reise wert.
Auf unserem Rundgang durch die Gassen des alten Handwerksviertels Kujundžiluk spüren wir ebenfalls das gewisse Flair, das von alten Händler- und Handwerkstraditionen verbreitet wird. Man kann übrigens gar nicht schnell durch das Gassengewirr hetzen: das Pflaster auf diesen Wegen ist aus lauter runden Steinen zusammengesetzt, die einem das Gefühl geben, auf Eiern zu laufen (die freilich sehr hartgekocht sind ). So nehmen wir uns auch schön Zeit und bestaunen die vielen kleinen Läden mit ihren teils urig-skurill wirkenden Besitzern, die für uns seltsam anmutende Gegenstände feilbieten. Es ist wie ein orientalischer Flohmarkt, Altes liegt, steht oder hängt neben Neuem. Gegenüber eines dunklen Lädchens, wo es Wasserpfeifen, alte Waffen und eine stattliche Auswahl von “Aladins Wunderlampen” zu kaufen gibt, liegt direkt ein Gasthaus mit der peppig-knalligen Aufschrift “Internet Café”.
Die Details der Umgebung sind so schön – hier kann sich meine Fotografin Claudia vor Begeisterung völlig verlieren!
Aus einem türkischen Café dringt orientalische Musik bis hoch auf den Brückenkopf der Stari Most und lockt uns in Richtung der Schallquelle. Dort bieten Mädchen und Jungen in ihren bunt genähten Trachten Tänze dar, die sicherlich alte türkische Traditionen wieder aufleben lassen. Als die jungen Tänzerinnen mich mit meiner Kamera und dem Stativ bemerken, kichern sie und tuscheln verlegen hinter vorgehaltener Hand.
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Stari Most – die berühmte alte Brücke | Mit Videokamera auf der alten Brücke | Gassen und Gebäude wie aus 1000 und einer Nacht |
Für die Ortsansässigen scheine ich wiederum eine Attraktion zu sein. Mein rotes Tuch und die auffällige Kamera mit dem Puschel-Mikrofon veranlassen sie immer wieder mich zu fragen, für welche Fernsehanstalt ich denn arbeite. Der Kellner im Internetcafé, wo wir eine Getränkepause einlegen, fragt Claudia sogar, ob ich ein Kommunist sei. Selbst das fände er noch interessant. Und einige fragen auch nach unserem Heimatort und es stellt sich heraus, dass viele von Ihnen Deutschland selbst kennen gelernt hatten. Manche bei kurzen Besuchen, doch auch einige, die mehrjährige Arbeitsaufenthalte in Deutschland hinter sich gebracht haben.
In dieser Stadt fühlen wir uns wohl, wo wir so offen und interessiert angenommen werden und wirklich nicht erwartet haben, so viel deutschsprechende Menschen zu treffen. Auf Deutsch fragt mich auch ein durchtrainierter junger Bursche mit entblößtem Oberkörper, ob er von der Brücke springen soll. Das koste 25 Euro. Es wäre sicherlich interessant, den Brückenspringer aus 21 Metern Höhe mit einem gewiss sehr eleganten Sprung in die selten mehr als 19 Grad kalte Neretva zu beobachten. Doch die Attraktivität dieses wunderbaren Gassengewirrs mit deren Menschen ist ohnehin nicht mehr zu steigern und so lehne ich das Angebot dankend ab.