28. Juli 2013

Teneriffa: Das große Fest von La Orotava

– Siebenter Tag –
Früh um halb acht bin ich schon in La Orotava (), denn ich weiß, dass am Morgen die Straßen geschmückt werden. Ich nehme vorweg, dass man so zeitig gar nicht da sein muss, will man die vielen fleißigen Helfer bei ihrer farben­präch­tigen Arbeit zu­schauen. Denn das Blumen­legen zieht sich bis in den späten Nach­mittag hinein. Immer wieder besprühen Männer mit einer Druck­wasser­flasche auf dem Rücken die Blütenblätter, um dem Welken entgegenzuwirken.

In den kanarischen Städten und Dörfern ist es Tradition, Straßen und Plätze mit Sand- und Blumen­teppichen zu schmücken. In La Orotava sieht man die ein­drucks­vollsten dieser Kunst­werke. Die Blumen­teppiche ziehen sich etwa einen halben Kilometer über das Straßen­pflaster. Das Fron­leichnams­fest gehört zu den größten Spektakeln der Insel. Da nicht nur ich das weiß, läuft man am späten Nachmittag in einer schmalen Kolonne an den Blumen­kunst­werken vorrüber. Die Bürger­steige sind mit Leinen zum Schutz der Blumenteppiche abgesperrt.

 
In La Orotava wird Fronleichnam einfach um eine Woche nach hinten verschoben. Canarios können das Fest so zweimal begehen 🙂

Gegen 14:00 Uhr lasse ich mich von einem Taxi wieder nach Puerto de la Cruz bringen, wo Claudia wartet. Taxi deshalb, weil im Zentrum La Orotavas die Straßen und Parkplätze bereits am Mittwoch Abend abgesperrt wurden. Wir ziehen dann gemeinsam noch einmal los, sind gegen 17:30 Uhr wieder in La Orotava. Inzwischen sind die Menschenmassen angewachsen und es kommen immer noch weitere. Alle wollen die Blumenteppiche sehen und natürlich die abschließende Krönung des Festes, die Prozession.

Erst nach 20:00 kommen die Würdenträger und die gesamte Prozession aus der Kirche. Jetzt ist es bald vorbei mit der herrlichen Blütenblätterpracht auf der Straße, denn die kirchliche Gesandtschaft zieht mit allen Mannen unter Gebet und Gesang über das reich geschmückte Pflaster. Die gerade in herrlichen Farben prangenden Blumenbilder sind bald nicht mehr wiederzuerkennen. So ist alles ein Werden und Vergehen, das Gleichnis der Bilder aus Blumenblüten macht einem dieses bewußt.

Gegen Abend füllen sich die Gassen um die Kirche herum und nach acht, wenn die Sonne sinkt, beginnt die Prozession. Messdiener und Priester treten aus der Kirche hinaus auf die Straße und über die herrlichen Blumenteppiche.

Mit dem Donnerstag Abend ist die Feierei noch nicht beendet. Nein, die Taxifahrer sind meist sehr gesprächig, besonders wenn es um “ihr” Fronleichnamsfest geht. Und so bekamen wir alles erklärt, so haarklein das mit der bestehenden Sprachbarriere eben möglich ist. Folgende Veranstaltungen gehören zum Fest:

  • Donnerstag, den ganzen Tag über Blumenbilder legen und abends folgt auf die Danksagungsfeier (18:00 Uhr) in der Kirche La Concepción die große Prozession über die Blumen- und Lavasandbilder
  • Freitag, Gran Baile de Magos: ein großes Trachtenfest mit traditionellen Tänzen, dem Tanz der Magos – Tanz der Zauberer. Um 21:00 Uhr beginnt die Fiesta Canaria mit Folkloregruppen auf dem Plaza del V. Centenario
  • Samstag, Romería chica o subida del santo: Ein traditionelle Viehmesse in Las Dehesas, wo die Konzentration nicht nur auf den Tieren und ihrer Ausstellung liegt, sondern an diesem Tag erbittet man den Segen für der Felder und das Vieh (ca. ab 12:00 Uhr). Das Fronleichnamfest geht so in das Erntedankfest am Sonntag über. Am Abend wird ein Feuerwerk gezündet.
  • Sonntag, Romería Grande: 9:00 Uhr: Danksagungsfeier. Nach der Messe folgt die beliebte Pilgerfahrt zu Ehren des San Isidro Labrador und Santa María de la Cabeza zur Casa de los Balcones, wo die Prozession die Huldigung empfängt. Weiter geht es zum Heiligtum El Calvario. Diese Prozession findet seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts statt. Heute ist es ein singender und tanzender Trachtenumzug Romería, wo die üppig geschmückten Pilgerwagen von Ochsen gezogen werden. Die Balkone werden mit Teppichen, Tischdecken und Schals verziert.

Fronleichnam: Es ist eines der wichtigsten Feste im Katholizismus. Begangen wird es immer an einem Donnerstag, den 60. Tag nach dem Ostersonntag. Erstmals wurde Fronleichnam im Jahre 1246 im Bistum Lüttich gefeiert. Das Fronleichnamsfest ist der heilig gesprochenen Augustiner-Chorfrau Juliane von Lüttich zu verdanken. In einer Vision sah sie den Mond an einer Stelle verdunkelt. Dieser dunkle Fleck sei das Fehlen eines Festes des Alktarsakraments, wie ihr Christus diese Erscheinung erklärt haben soll.

In anderen Ländern wird das Fest abgeleitet von seinem latainischen Namen Corpus Christi genannt. Die Fronleichnamsprozession ist in katholischen Ländern allgemein verbreitet.