25. Dezember 2011

Lanzarote: Die Nachbarinsel La Graciosa

– Sechster Tag –
Gesehen hatten wir die Insel bereits, als wir im Norden Lanzarotes unterwegs waren. Vom Aussichtspunkt Mirador del Río oder den etwas südlich gelegenen Punkten blickten wir von oben auf dieses Eiland direkt gegenüber dem Nordostzipfel Lanzarotes gelegen. Sie wird nur durch einen schmalen Meeresstreifen von der Hauptinsel getrennt: El Río, der Fluss.

Die Insel selbst ist mit Ausnahmen von einigen niedrigen hartblättrigen Büschen unbewachsen, man könnte es öde nennen. Es gibt einen Hafen bei seinem Ort Caleta del Sebo, wo ein paar Fischereischiffe und ein paar Fischerboote stehen. Dazwischen hin und wieder ein Segler. Die Hauptlast bringt das Fährschiff in den Hafen, welches regelmäßig zwischen Ozola auf Lanzarote und dem Inselchen verkehrt (etwa alle 1,5 Stunden). Auf diesem Wege kamen auch wir zu Besuch auf die Insel.

Die Überfahrt dauert kaum zwanzig Minuten, inklusive Anlegen. Doch sie kann heftig sein. Der “Fluss” zwischen den Inseln hat seine Tücken und zeigt sich direkt nach der Abfahrt von Orzola sehr wellig. Das Schiff schaukelt, doch der Mannschaft merkt man nichts an: dieser Seegang ist normal. Manchmal sind sogar weit stärkere Strömungen und heftigere Wellen zu überwinden, weshalb das Schiff eine starke Schraube benötigt, wie uns ein Mannschaftsmitglied erklärt. Wir sind beruhigt, wissen wir doch jetzt, dass alles in Ordnung ist und wir nicht in einen Sturm geraten sind …

Am Hafen von Caleta del Sebo empfängt uns eine ziemlich große gepflasterte Fläche, so gar nicht zu den Insel-Beschreibungen von ‚einfach‘ und ’naturbelassen‘ passend. Doch diese auffälligen Spuren der Zivilisation verlieren sich hinter dem Ort sehr rasch.

Jean de Béthancourt nutzte die Insel ab 1402 als spanischen Militärstützpunkt für Angriffe auf die anderen Kanarischen Inseln. Später wurde La Graciosa ein beliebtes Versteck von Piratenbanden. Heute wohnen etwa 500 Einwohner auf der Insel. Neben Caleta del Sebo gibt auch noch den kleinen Fischerort Pedro Barba im Nordosten, gleich hinter dem 157 Meter hohem Kegel des Montaña Bermeja mit seinen roten Farbnuancen. Der Name des Ortes stammt von Pedro Barba, der im 15. Jahrhundert vom spanischen König hierher gesandt wurde. Barba ernannte sich daraufhin kurzerhand selbst zum König der Kanaren.

Kein asphaltierter Weg führt über die Insel. Nein, man bewegt sich auf trockenen Sandpisten, hauptsächlich mit dem Fahrrad oder einem Geländewagen. Staubwolke hinter einem garantiert! Die Insel ist klein genug, also nehmen wir ein Fahrrad, dass wir uns gegen eine Gebühr nah beim Hafen leihen. Die Fahrräder mögen wir nachher doch bitte selbst wieder in den Schuppen stellen. Vertrauen ist hier normal. Was könnte auf einer solch kleinen Insel auch Schlimmes passieren?

 

Wir nehmen uns den Nordteil der kleinen Insel vor. Gelegentlich fährt ein Geländewagen an uns vorrüber, doch im Grunde fühlen wir uns seit verlassen von Caleta del Sebo fast allein auf der kargen Insel. Und so überqueren wir sie in Richtung Playa de las Conchas und werden es nicht bereuen. So einen wunderschönen Strand hätten wir hier nicht vermutet. Der Sand ist goldgelb, dass ich mir damit am liebsten die Taschen füllen möchte, damit ich lange daran Freude haben könnte. Drei Spanier aus Lanzarote treffen wir am Strand, sie wollen surfen. Die Wellenreiter nutzen die heranrollenden starken Brandungswellen für ihren Spaß.

Für normale Badegäste ist die Brandung und die Strömung zu gefährlich erfahren wir aus dem Reiseführer. Doch das Auge kann sich nicht satt sehen. Im Süden der anmutigen Insel (La Graciosa = Die Anmutige) sind die Strände besser zum Baden geeignet. Doch diese Playas besuchen wir heute nicht mehr und nehmen die Fähre um 17:00 Uhr, die uns wieder zurück nach Orzola bringt.

Playa los Conchas, der schönste Strand der Insel

Ob wir einen Baum gesehen hätten? Nein, einen Baum gibt es auf La Graciosa wohl nicht. Halt – oder doch! – In den sandigen Straßen des Inselhauptdorfes Caleta del Sebo stand ein Mandelbaum. Sicher nicht der Wind, sondern die Bewohner der Insel waren da wohl die Geburtshelfer …